Bundesgerichtshof: Entscheidung über die Ersatzfähigkeit von Kfz-Reparaturkosten im Falle des sogenannten Werkstattrisikos

05. Mär 2024

Bundesgerichtshof: Entscheidung über die Ersatzfähigkeit von Kfz-Reparaturkosten im Falle des sogenannten Werkstattrisikos BGH, Urteile vom 16.01.2024 – VI ZR 38/22, VI ZR 239/22, VI ZR 253/22, VI ZR 266/22, VI ZR 51/23

BGH, Urteile vom 16.01.2024 – VI ZR 38/22, VI ZR 239/22, VI ZR 253/22, VI ZR 266/22, VI ZR 51/23

Mit gleich fünf neuen Entscheidungen entschied der BGH nunmehr über die Anwendung des Werkstattrisikos – auch für den Fall bei unbezahlter Werkstattrechnung.

Leitsatz:
Denn auch bei unbezahlter Werkstattrechnung steht es dem Geschädigten zu, sich auf das sogenannte Werkstattrisiko zu berufen.
Innerhalb dieser Grenze kann er die Zahlung von Reparaturkosten Zug um Zug gegen die Abtretung seiner diesbezüglichen Ansprüche gegen die Werkstatt an den Schädiger verlangen; allerdings nicht an sich selbst, sondern an die Werkstatt.

Hintergrund:
Bislang wurde sich innerhalb der Rechtsprechung darauf berufen, dass nur die bezahlte Reparaturkostenrechnung der Werkstatt eine Indizwirkung für die Erforderlichkeit im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB entfalte. Sofern eine Reparaturrechnung noch nicht beglichen ist, war der Geschädigte bislang auf den durch den gerichtlichen Sachverständigen als erforderlich festgestellten Betrag beschränkt.

Wie dies dem Leitsatz bereits zu entnehmen ist, kippte der BGH nunmehr diesen Standpunkt dahingehend, dass auch bei unbezahlten Reparaturrechnungen deren Zahlung im Rahmen des Werkstattrisikos verlangt werden kann – Zug um Zug gegen die Abtretung seiner diesbezüglichen Ansprüche gegen die Werkstatt an den Schädiger.

Sofern der Geschädigte bei einer unbezahlten Rechnung die Zahlung an sich selbst und nicht an die Werkstatt verlangt, trägt allerdings er selbst und nicht der Schädiger das Werkstattrisiko. Daher ist es in diesem Szenario unbedingt von Bedeutung die Zahlung an die Werkstatt und nicht an sich selbst zu verlangen. Sonst ginge das Werkstattrisiko mit einem selbst nachhause.
Aber was ist das Werkstattrisiko überhaupt?
Dies wurde bereits mit BGH Urteil vom 29.10.1974 – VI ZR 42/73 definiert: Der Schädiger schuldet gemäß § 249 Abs. 2 BGB als Herstellungsaufwand grundsätzlich auch die Mehrkosten, die ohne eigene Schuld des Geschädigten die von ihm beauftragte Werkstatt infolge unwirtschaftlicher oder unsachgemäßer Maßnahmen verursacht hat. Begründet wird dies damit, dass die Werkstatt nicht der Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist.

Bisher war das Werkstattrisiko für unbezahlte Rechnung uninteressant.
Nunmehr kann der Geschädigte aber auch die Zahlung solcher Rechnungspositionen verlangen, welche auf Grund unsachgemäßer Maßnahmen oder Arbeiten oder unwirtschaftlichem Verhalten der Werkstatt selbst entstanden sind, auch wenn er hierfür bis dato selbst nicht gezahlt hat, sofern sich diese Kosten in ihrer Entstehung seinem Einfluss entzogen hatten und sie ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, von dem Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattgefunden hat. Dann, wenn der Geschädigte sich kein Verschulden für die Mehrkosten zurechnen lassen muss und diese tatsächlich der Beseitigung des unfallkausalen Schadens dienten, besteht kein Sachgrund, dem Schädiger das Werkstattrisiko abzunehmen und dem Geschädigten zu überlassen.

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