Bundesarbeitsgericht: Wegweisendes Urteil zu Equal Pay

23. Mai 2023

Urteil des BAG vom 16.02.2023 – 8 AZR 450/21



Am 16. Februar 2023 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit seinem Urteil in der Rechtssache 8 AZR 450/21 einen bedeutenden Schritt zur Stärkung der Entgeltgleichheit getan.

Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn ein männlicher Kollege ein höheres Entgelt für dieselbe Tätigkeit verhandelt hat.

Die Klägerin war in dem vom BAG zu beurteilenden Fall als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb beschäftigt. Neben ihr waren zwei männliche Mitarbeiter in derselben Funktion beschäftigt. Die Beklagte hatte allen zunächst ein Grundentgelt aus. Einer der Kollegen verhandelte dann für einen gewissen Zeitraum ein höheres Grundgehalt mit der Beklagten, das diese auch auszahlte.
Die Klägerin verlangte daraufhin von der Beklagten, die Differenz zum (höheren) Entgelt ihres Kollegen an sie auszuzahlen – und bekam damit, ganz überwiegend, Recht.

Das BAG betont in seinem Urteil die Wichtigkeit des Grundsatzes der Entgeltgleichheit und stellt fest: "Der Grundsatz des Equal Pay gemäß § 4 Abs. 1 des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) ist eine zwingende Regelung, die die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern sicherstellen soll." Dies bedeutet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vergleichbare Tätigkeiten ausüben, unabhängig von ihrem Geschlecht oder anderen diskriminierenden Merkmalen gleich bezahlt werden müssen.

Nach Auffassung des BAG wurde die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, weil ihr ein niedrigeres Grundgehalt ausgezahlt wurde als ihrem männlichen Kollegen.
Allein der Umstand, dass Beschäftigte mit verschiedenem Geschlecht und vergleichbarer Tätigkeit unterschiedlich bezahlt werden, begründet nach § 22 AGG die Vermutung, dass die schlechtere Bezahlung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Die Beklagte konnte diese Vermutung nicht widerlegen.

Keine Rechtfertigung einer besseren Bezahlung aufgrund besser Verhandlung

Die Arbeitgeberin durfte sich auch nicht darauf berufen, dass der männliche Kollege die höhere Vergütung individuell ausgehandelt hatte. Das Verhandlungsgeschick des männlichen Kollegen ist kein objektiv geeignetes Kriterium, welches eine ungleiche Bezahlung rechtfertigen kann.
Das wegweisende Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2023 markiert einen bedeutenden Meilenstein im Kampf für Entgeltgleichheit. Es stärkt die Position der Arbeitnehmer und sendet ein klares Signal an Arbeitgeber, dass die Gleichbehandlung von Beschäftigten eine zwingende Verpflichtung darstellt.

Diese Entwicklung trägt dazu bei, eine gerechtere Arbeitswelt zu schaffen, in der jeder die gleiche Anerkennung und Entlohnung für seine Arbeit erhält, unabhängig von geschlechtsspezifischen oder anderen diskriminierenden Faktoren.

In diesen Fällen steht den Betroffenen neben der Gehaltsdifferenz auch ein Anspruch auf eine Entschädigungszahlung nach § 15 II AGG zu, da in der niedrigeren Bezahlung i.d.R. ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gesehen wird.

Wichtig: Differenzierungen in Bezug auf das Gehalt bleiben zwischen Beschäftigten verschiedener Geschlechter weiterhin zulässig, wenn diese objektiv und geschlechtsneutral begründet sind. Hierzu zählen insbesondere Berufserfahrung und Qualifikationen.

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